Nächster Lesekreis: 10.06.: The Anarchist FAQ

Beim Treffen am letzten Mittwoch hatten wir das Gespräch zwischen Ernst Bloch und Theodor W. Adorno („Etwas fehlt“) diskutiert. Die Diskussion entspann sich bei der von ihnen aufgeworfenen Forderung nach der Überwindung nicht nur unserer heutigen Begriffe, sondern auch dessen, was diese real bezeichnen, was im Gespräch explizit am Begriff des Todes erörtert wude. Die Forderung und das Einklagen auch nur der Möglichkeit, dass der Tod abgeschafft würde, löst – so Adorno – starke Abwehrreaktionen aus, die mit allerlei Gründen die Unmöglichkeit dieses Unterfangens nachweisen wollen. Dabei wäre diese Forderung notwendiger Teil jeder Utopie.

Hierbei wurde in der Diskussion eingewandt, dass sich hinter derartigen Forderungen tatsächlich ganz banale und einfach umsetzbare Umgestaltungen verbergen: die Allgegenwart des Todes in der kapitalistischen Gesellschaft, versinnbildlicht durch die Metapher des verzweifelt und ohne Hoffnung auf Rettung mitten in einem randlosen Ozean schwimmenden Menschen, würde z.B. schon dadurch gebrochen, dass die beständige Angst vor der eigenen Überflüssigkeit und dem eigenen Versagen, die im Kapitalismus mit sozialer und physischer Vernichtung bestraft werden, in einer anderen Gesellschaft wegfallen würden. Hiergegen wurde eingewandt, dass diese Forderungen nach einer grundsätzlichen Abschaffung der Kategorien eine notwendige Anforderung an jede Utopie seien, vor der die bisherigen Versuche allesamt zurückblieben, welche daher nur das Bestehende fortschrieben.

Die weitere Diskussion zweigte dann ab zur Frage nach Möglichkeiten zur individuellen Handlung und Veränderung im Bestehenden und dessen Grenzen. Konsens war hier offenbar, dass derartige Sachen Wirkung haben können, aber mit dem notwendigen qualitativen Sprung in eine andere Gesellschaft nichts zu tun haben. Man kann z.B. Fair Trade nicht einfach verlängern oder universalisieren, und hätte dann eine andere Gesellschaft. Angemerkt wurde hierbei, dass gerade Fair Trade und andere Wir-helfen-der-Welt-Konzepte unfreiwillig rassistische Stereotypen reproduzieren und vor allem Feel-good-Waren für die weiße Mittelschicht seien, die nun großzügig für Afrika spende. Eine tatsächliche Kritik am Rassismus und den Gründen für diese Spaltung der würde dadurch gerade ausgespart.

Einige wesentliche Punkte des Textes sind bei der Diskussion leider zu kurz gekommen, u.a. die Frage nach dem „Bilderverbot“ und dem Anspruch an jede Utopie, sich dreist über das als machbar vorstellbare hinwegzusetzen. Dies kann vielleicht in den nächsten Treffen mit eingeflochten werden.

Beim Treffen diese Woche lesen wir einige Ausschnitte aus dem „Anarchist FAQ“ zur neuen Gesellschaft. Diese wurden bereits per Email rumgeschickt. Wer keine Email bekommen hat bzw. noch dazustoßen will: bitte per Mail melden (siehe „Kontakt“).